Tipico Sportdatencenter: Der größere Trainereffekt braucht Zeit

  • Trainerwechsel beleben Teams kurzfristig – doch der Effekt verpufft meist nach acht bis zehn Spielen.
  • Daten zeigen: Mannschaften mit Kontinuität auf der Trainerbank erzielen langfristig vergleichbare oder bessere Ergebnisse.
  • Wenn die Spielidee des Trainers und der Kader zusammenpassen, steigert das die Siegeswahrscheinlichkeit.

Kaum ein Fußball-Wochenende vergeht ohne Spekulationen um Trainerwechsel. Ligaübergreifend haben in Deutschlands ersten drei Profiligen bereits zehn Clubs ihren Cheftrainer in der laufenden Spielzeit gewechselt. In der vergangenen Saison waren es sogar 38 von 56 Clubs, die ihren Übungsleiter austauschten – manche davon sogar mehrfach. In den letzten fünf Spielzeiten lag der Schnitt bei 33 Clubs.

Viele Fans und Verantwortliche hoffen bei einem Wechsel auf frischen Wind und den sogenannten Trainereffekt. Doch wie viel bringt ein neuer Trainer auf Anhieb wirklich? Analysten im Tipico Sportdatencenter kalkulieren den Trainereffekt routiniert in die Quoten ein – und geben nun Einblick, wie stark der Wechsel wirklich das Zünglein an der Waage bewegt.

Es geht um rund zwei Prozent Siegeswahrscheinlichkeit

Den Trainereffekt gewichtet unter anderem Analyst Benny Hupfer für das Tipico Sportdatencenter: „Für uns gilt: Je stärker das Team und je klarer das aktuelle Problem, desto größer der mögliche Effekt. Unsere Daten zeigen, dass ein Trainerwechsel Mannschaften kurzfristig beleben kann. Aber Euphorie und Motivationsschub halten oft nur wenige Spiele. Das Zusammenpassen von Trainer und Kader, Kontinuität sowie langfristige Entwicklung sind viel wichtiger für die Performanceanalyse eines Clubs.”

So könne man bei marktwertschwachen Teams im Schnitt von +0,1 Punkten und bei starken Teams sogar von +0,4 Punkten in den nächsten fünf Spielen ausgehen – je nach Mannschaft, Trainer und Gegner. Die Siegeswahrscheinlichkeit erhöht sich also tatsächlich um rund zwei Prozent. Entscheidender als die Punkte ist aber nach wie vor die tatsächliche Performance eines Teams: So deuten unter anderem die Expected Goals darauf hin, ob die Spielidee eines Trainers grundsätzlich funktioniert. Bei Mannschaften mit hohen xGoals-Werten ist ein Trainerwechsel daher oft kontraproduktiv.

Zeigte das Team hingegen unter dem alten Trainer niedrige xGoals-Werte, ist eine Verbesserung deutlich wahrscheinlicher. Kurzfristig geht es dabei vor allem um Motivation: So zeigen die Daten, dass neue Trainer oft zuvor kaum eingesetzten Spielern mehr Einsatzzeit geben. Grundsätzlich verpufft dieser Trainereffekt allerdings nach acht bis zehn Spielen völlig. Manchmal kehrt er sich danach sogar ins Gegenteil um.

Warum es sich lohnt, dem Trainer zu vertrauen

Analyst Benny Hupfer: “Für den langfristigen Erfolg ist vor allem die Ausrichtung des Kaders entscheidend und wie sehr diese zur Spielidee des Trainers passt. Ein Positivbeispiel: Kölns Trainer Łukasz Kwasniok legt viel Wert auf hohes Tempo und konstante Aktivität auf der Außenbahn. Dafür benötigt er seine Außenspieler, die sehr gute Werte in intensiven Läufen und Sprints zeigen.”

Mittlerweile gibt es zahlreiche Daten, die zeigen, ob ein Trainer zur Ausrichtung und zu den Stärken des Kaders passt: etwa verschiedene Vergleichswerte zum Spiel mit Ball, Zweikampfverhalten, physische Werte, taktische Ausrichtung und vieles mehr. Wenn solche Analysen bereits bei der Trainerauswahl berücksichtigt wurden, weiterhin stimmig sind oder in einer Transferperiode gezielt angepasst werden können, dann zeigen die Daten des Tipico Sportdatencenters: Es lohnt sich, dem Trainer auch in schwierigen Phasen zu vertrauen.

Denn mittel- bis langfristig nivelliert sich der kurzfristige, oft emotional getriebene Effekt ohnehin: Teams, die ihrem Trainer auch in Krisenzeiten das Vertrauen ausgesprochen haben, erreichen über die Saison hinweg vergleichbare – teils sogar bessere – Werte bei Tordifferenz und Tabellenplatz als Clubs mit häufigen Wechseln.

Analyst Benny Hupfer: “Wenn ein Trainer optimal zur Ausrichtung des Kaders passt, dann belegen die Daten, dass mittel- bis langfristiger Erfolg wahrscheinlich ist. Und genau deshalb ist es wichtig, Entscheidungen nicht emotional, sondern datenbasiert zu treffen.“